In der heutigen dynamischen Geschäftswelt hören wir immer wieder von der Notwendigkeit der Selbstorganisation. Viele Unternehmen streben danach, agile und anpassungsfähige Strukturen zu schaffen, in denen Teams autonom arbeiten können. Oft wird die Selbstorganisation auch als Lösung gegen den Fachkräftemangel angepriesen, weil damit die Arbeitsplatzattraktivität gesteigert werden kann. Nicht selten unterliegt die Selbstorganisation aber einer fehlerhaften Annahme.
Selbstorganisation bedeutet nicht das Fehlen von Struktur oder Führung, sondern das Erschaffen einer Umgebung, in der Teams und Individuen ihre eigenen Entscheidungen treffen können, basierend auf den Informationen und Ressourcen, die sie haben. Es ist ein dynamisches System, das Raum für Kreativität und Innovation lässt. Damit ein solch dynamisches System entstehen kann, braucht es Führung. Aber nicht Führung in ihrer traditionellen Form als hierarchischen Linienorganisation. Führung, im Kontext der Selbstorganisation, bedeutet nicht Anweisungen von oben herab zu geben. Stattdessen bedeutet es, die Richtung vorzugeben, den Rahmen zu setzen und dann den Teams den Raum zu geben, sich innerhalb dieses Rahmens mit hoher individueller und internistischer Motivation zu bewegen.
Es mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, aber in Wirklichkeit gibt es eine tiefe und komplementäre Beziehung zwischen Selbstorganisation und Führung. Aus unserer Sicht sind dabei folgende drei Felder zu beachten:
- Klare Vision und Richtung: Auch wenn Teams sich selbst organisieren, brauchen sie eine klare Vision und Richtung, um ihre Entscheidungen auszurichten. Hier kommt Führung ins Spiel.
- Sicherer Rahmen: Selbstorganisation kann nur in einem sicheren Umfeld gedeihen. Führungskräfte müssen diesen sicheren Rahmen schaffen, in dem Teams ohne Angst vor Strafe experimentieren und lernen können.
- Unterstützung und Ressourcen: Führung bedeutet auch, sicherzustellen, dass Teams die notwendigen Ressourcen und Unterstützung haben, um erfolgreich zu sein.
Die Herausforderung der Implementierung von Selbstorganisation
Die Einführung von Selbstorganisation in Unternehmen ist kein geradliniger Prozess und oft mit Hürden verbunden. Während Selbstorganisation mehr Autonomie und Entscheidungsfreiheit auf individueller und Team-Ebene fördert, verlangt sie gleichzeitig nach einer Führungsform, die Klarheit, Richtung und Rahmenbedingungen schafft, ohne diese Autonomie zu ersticken.
Ein weiterer entscheidender Aspekt sind die Wertehaltungen und Menschenbilder innerhalb des Unternehmens. Diverse Ansichten darüber, was Menschen antreibt und wie sie sich in einer Organisation verhalten sollten, können die Umsetzung von Selbstorganisation beeinflussen. Ein Unternehmen, das tief verwurzelte hierarchische Strukturen und ein Menschenbild hat, das auf Kontrolle basiert, wird Schwierigkeiten haben, Selbstorganisation zu fördern. Es bedarf einer Abkehr von solchen traditionellen Ansichten und dem Einstieg in ein neues Paradigma, das auf Vertrauen, Empowerment und einem positiven Menschenbild basiert. Diese Veränderung herbeizuführen ist herausfordernd.
Daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese Unterschiede in Wertehaltungen und Menschenbildern zu erkennen, sie zu diskutieren und gegebenenfalls zu adressieren. Nur so kann ein fruchtbarer Boden für die erfolgreiche Implementierung von Selbstorganisation geschaffen werden.