Success Story | CSPnews | Leistungen | Organisation | 8. Januar 2024

Geführt-selbstorganisierte Teams, wie geht das? Wir durften beim Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) die Sektion Informatik und Organisation dabei begleiten, den Schritt in die agile Welt zu vollziehen und sich dabei als Team neu zu erfinden. Im Interview gibt der Leiter der Sektion IO, Sacha Stegmann, Auskunft darüber, was die geführte Selbstorganisation tatsächlich bringt, und was es dazu braucht.

Verfasst von: Lukas Bieri

Sacha, «Bundesverwaltung», das tönt irgendwie alles andere als «selbstorganisiert». Warum also macht man sich gerade als eine kleine, eingespielte Sektion des Bundesamtes für Kommunikation (10-15 Leute) auf den Weg zu Agilität, Selbstorganisation oder anderen modernen Organisationformen?

Genau deswegen: Das offenbar verbreitete Image der Bundesverwaltung entspricht überhaupt nicht den Tatsachen. Wie anderswo beim Bund sind wir im BAKOM sehr stark gefordert, dynamisch auf Entwicklungen unterschiedlichster Art reagieren zu können. Viele bestens ausgebildete Spezialisten sind bei unserer täglichen Arbeit gefordert, auf Augenhöhe miteinander arbeiten zu können.  

Die Welt ist dabei sehr komplex geworden, gerade auch in IT-Themen. Die Digitalisierung lässt grüssen. Wir müssen etliche Rollen einnehmen, z.B,  als IT-Strategie-, Architektur-, Projekt-, Anwendungs-, IT-Security-, Lieferanten-Verantwortliche, um nur einige zu nennen. Es geht nicht anders: Wir konnten nicht mehr bloss als gute Einzelkämpfer funktionieren, sondern mussten neue Wege finden, wie wir eine dynamische und gleichzeitig robuste Einheit schaffen konnten. Ein hierarchisches Führungsmodell käme mir unter solchen Umständen widersprüchlich vor. 

Darum betitelst Du Dich nicht als «Chef» sondern als «primus inter pares»?

Ja, richtig. Wir können nicht einfach sagen, in der Sektion gebe es den Leiter nicht mehr. Die Linienorganisation ist gegeben, doch spricht grundsätzlich nichts dagegen, gemeinsam ein «Betriebsmodell» zu finden, welches von allen entwickelt und getragen werden kann. Und da ist es für mich – war es für mein Team – viel logischer, mich als Teammitglied zu sehen. «Primus» bleibe ich im Sinne der mit der Leitungsfunktion gegebenen Gesamtverantwortung, das heisst, ich bleibe schlussendlich «accountable» für das, was wir mit dem Team machen. Die Umsetzungsverantwortlichkeiten («Responsibilities») können wir aber selbst gestalten.

Mir scheint, dass die Wahl des Zusammenarbeitsmodells auch mit der Einstellung / dem Menschenbild des Führungsverantwortlichen zu tun hat? Oder anders gefragt: Ist die geführte Selbstorganisation für alle Chefs gleichermassen möglich? 

(lacht) Ja, man könnte sagen, ein guter Chef ist flexibel genug. Aber nein, im Ernst: Ich denke, dass die agilen Arbeitsmodelle tatsächlich vor allem für die «Chefs» eine grosse Herausforderung darstellen kann. Für mich selbst war der Schritt einfach: Ich kam neu in die Sektion IO des BAKOM (die sich bereits vorgängig mit einer Neuausrichtung auseinandergesetzt hatte), und vor allem fühle mich per se wohl in einer eher kollegialen Führungsrolle. Das Befehlen ist nicht mein Ding.  

Ihr habt ein Modell gewählt, wie es die CSP für sich selbst ausgetüftelt hat. Warum nicht ein anderes, standardisiertes Modell? 

Ich bin eigentlich sehr angetan von den Ideen, die in den Standard-Modellen wie Holacracy oder auch SAFe stecken. Aber bleiben wir realistisch: Einen solchen Standard einzuführen kann eine Organisation überfordern. Für uns hätte das geheissen, gewissermassen von 0 auf 100 zu fahren. Ich glaube nicht, dass das möglich gewesen wäre. Schliesslich hatte ich den Anspruch, dass die Erreichung einer geführten Selbstorganisation auch gerade schon möglichst weitgehend selbstorganisiert im Team entstehen soll.  

Aber auch mit CSPstars habt ihr ja etwas bereits Bestehendes übernommen. Wo liegt da der Unterschied?

Nun ja, das Modell ist ja das eine, da haben wir uns sicherlich vom Modell der CSP angelehnt, um die Räder nicht ganz neu zu erfinden. Aber fasziniert hat uns ja vor allem die Möglichkeit, mit einer Beratung zusammenzuarbeiten, welche sich sehr viele Gedanken zu Selbstorganisationsmodellen gemacht, das Mögliche für sich selbst herausgeschält und die Entwicklung selbst durchlaufen hat. So konnten wir von der CSP bestens profitieren. Dank diesem Vorgehen, mit einer Initialunterstützung und dann einer losen Begleitung durch die CSP hatten wir von Beginn weg die notwendige Sicherheit, um den Weg, der durchaus auch für viele mit einer kulturellen Veränderung verbunden ist, gemeinsam zu beschreiten. 

Apropos Weg: Du sprichst da gerne von einem «Experiment»? 

Ja, dieser Aspekt ist mir sehr wichtig und ich spreche noch heute, 3 Jahre nach den ersten Gehversuchen mit der geführten Selbstorganisation in der Sektion von einem «Experiment». Das bedeutet nämlich auch, dass wir uns im Team zu unserer Zusammenarbeit und zu unserem Modell ständig neu «committen» sollen. 

Wie experimentiert ihr denn? 

Ähnlich wie es die CSP selbst gemacht hat, erstellte ich zuerst, im Sinne meiner Aufgabe in der Führungsfunktion, den Entwurf einer sogenannten «Verfassung», in welcher ich meine Ideen der Zusammenarbeit im Team festhielt. Dabei habe ich mich auf die reichen Erfahrungen der CSP berufen und der Einfachheit halber einige Elemente des CSP-Modells übernommen.  

Und hier begann dann unser «Experiment» im Team. Wir haben gemeinsam geklärt, ob wir den Weg in diese Verfassungsrichtung gehen wollen. Wir hielten von Anfang an fest, dass wir auch immer wieder kurz mal innehalten wollen, um zu erörtern, wie und wo wir stehen. Mit sogenannten «Retrospektiven» arbeiten wir ständig weiter an unserem «Experiment» und versuchen, uns gegenseitig dazu zu inspirieren, unsere Zusammenarbeit weiter zu verbessern. Wir sind übrigens bereits bei der dritten Version der Verfassung angelangt. 

Wir nennen unser Führungsmodell inzwischen CSPstars. Sind diese Sterne mit der Adaption dieses Modells auch bei euch aufgegangen? 

Ja, sicher. Unser «Organigramm» ähnelt ja in der Tat ein bisschen einem Stern, auf jeden Fall mehr, als es jenes der CSP selbst. (lacht)  

Das «stars» in CSPstars steht ja für selbstorganisiert, teamorientiert, agil, resilient und smart. Genau diese Eigenschaften einer Organisation hatten wir angestrebt. Und ich würde behaupten, tatsächlich auch schon zu einem grossen Teil erleuchten lassen. Wir arbeiten viel teamorientierter, nutzen bei der Zusammenarbeit, im Verbesserungsprozess, zur Betonung des Agilen die Scrum-Methode, und wir sind mit den klaren Rollen, welche wir uns im Modell gegeben haben, wesentlich flexibler geworden.  

Es ist uns, sicher auch aufgrund unseres «etwas anderen» Ansatzes der Zusammenarbeit, gelungen, neue Team-Mitarbeitende zu rekrutieren. Die Selbstorganisation wird immer besser und erleichtert mehr und mehr meine «klassischen» Führungsfunktion. Ja, ich denke, der Schritt mit CSPstars war für uns definitiv smart und im Nachhinein sternenklar.  

Sacha, vielen herzlichen Dank für diese kurzen, spannenden Einsichten. Wir wünschen euch weiterhin viele gute, neue Sterne am selbstorganisierten Himmel. 

Überlegen auch Sie, Selbstorganisation in Ihrem Unternehmen oder einzelnen Sektionen einzuführen? Dann melden Sie sich bei Lukas Bieri oder Claudia Stadler für ein unverbindliches Gespräch.