Die Digitalisierung schreitet auch im Gesundheitswesen immer weiter voran. U.a. ermöglichen neuartige Apps oder Gesundheitsdaten-Plattformen eine erweiterte Interaktion mit den Patientinnen und Patienten.
Grosse Erwartungen werden ans elektronische Patientendossier (EPD) gestellt, welches insgesamt die Verbesserung des Gesundheitswesens und der Patientensicherheit anstrebt. Leider ist der Nutzen bei den bereits verfügbaren EPD-Dienstleistungen für alle Anspruchsgruppen noch nicht zufriedenstellend, weshalb das EPD noch nicht breit in der Bevölkerung etabliert ist. Thomas Orlamünder sieht in einem standardisierten Gesundheitsdatenkonto, der damit verbundenen Verfügbarkeit der eigenen Gesundheitsdaten, der Transparenz der Leistungserbringer gegenüber den Patientinnen und Patienten und der digitalen Souveränität der Patientinnen und Patienten den Schlüssel zur menschenzentrierten Weiterentwicklung des schweizerischen Gesundheitssystems.
Frau Fattinger (Patientenstelle Zürich) betont, dass weitere Ansatzpunkte bestehen, die zusätzlich angegangen werden sollten. Dazu gehört zum einen das Prinzip von OpenNotes, welches eine vollständige Transparenz der eigenen Gesundheitsunterlagen gegenüber dem Patienten umsetzt. In den USA ist dieses Prinzip seit einigen Jahren gesetzlich verankert. Neben dem Zugriff auf alle Unterlagen der Gesundheitsfachleute sind in den USA auch die einheitliche Strukturierung der Daten und entsprechende Schnittstellen für den Datenaustausch im Gesetz verankert. Die Vorteile von OpenNotes werden in vielen Ländern erkannt. In der Schweiz scheint seitens der Leistungserbringer teilweise noch eine gewisse Zurückhaltung gegenüber diesem Kulturwandel zu bestehen. Von anderen Ländern wissen wir, dass die Vorbehalte der Gesundheitsfachleute sich bei der praktischen Umsetzung von OpenNotes nicht bewahrheiten und dass auch die Fachleute später den Kulturwandel mittragen und schätzen.
Auf dem Weg zu mehr Patientenzentrierung erachtet Karin Fattinger auch die Verwendung von PROMs (Patienten-Reported Outcome Measures) als einen zentralen Baustein. Auch hier gibt es international viel Erfahrung, von der wir uns in der Schweiz leiten lassen sollten: PROMs müssen für die Patientinnen und Patienten direkt Nutzen stiften und der ganze Behandlungsprozess muss einbezogen werden, d.h. die Fachleute müssen sektorenübergreifend zusammenarbeiten. Die standardisierten Fragebogen liefern den Patienten sowohl auf der individuellen als auch der systemweiten Ebene erhebliche Vorteile:
- Für den einzelnen Patienten tragen die PROMs zur verbesserten Kommunikation mit dem Gesundheitsfachleuten und zu einer personalisierten Betreuung bei. Zusätzlich fördern PROMs die aktive Beteiligung der Patienten und das Selbstmanagement.
- Mit Blick auf unser Gesundheitssystem liefern PROMs objektiv messbare und vergleichbare Qualitätsinformationen zu den Patienten-relevanten Outcomes. Die Gesundheitsfachleute können so die Wirksamkeit von Behandlungen evaluieren und optimieren.
Auch in der Schweiz gewinnen Patient-Reported Outcome Measures zunehmend an Bedeutung. Noch handelt es sich v.a. um Pilotprojekte von einzelnen Gesundheitseinrichtungen und um regionale Initiativen. Für einen nachhaltigen Erfolg müssen wir die anstehenden Herausforderungen der Standardisierung national gemeinsam meistern. Dann sollte dem Erfolg von PROMs auch in der Schweiz nach dem Vorbild z.B. der Niederlande, Schweden und USA nichts mehr im Weg stehen.
Unabhängig vom Stand der Entwicklung des EPDs können die Patienten schon heute mehr ins Zentrum gestellt werden, da sind sich Thomas Orlamünder und Karin Fattinger einig. Patienten können durch den Umgang mit ihren eigenen Gesundheitsdaten, der Kenntnis ihres eigenen Körpers und ihrer Erkrankung auf Augenhöhe mit Ärztinnen und Ärzten diskutieren und so ihre Behandlung positiv beeinflussen. In der Romandie wird dies schon vermehrt gelebt und auch in der Deutschschweiz haben einige Spitäler einen Patientenbeirat etabliert. Dies kann flächendeckend noch weiterentwickelt werden.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, welche Entwicklungen in Bezug auf die vermehrte Einbindung der Patientinnen und Patienten bei den Gesundheitseinrichtungen existieren und inwieweit diese einen Mehrwert bringt? Karin Fattinger und Thomas Orlamünder werden an unserem CSPimpuls Health «Doc & Roll – Interaktion mit Patientinnen und Patienten neu gedacht!» am 29. August in Zürich auch dabei sein und im Rahmen der Podiumsdiskussion die aktuelle Entwicklung aus Sicht der Patientinnen und Patienten kommentieren.
Mehr Informationen zum Anlass finden Sie unter Wir setzen Impulse – melden Sie sich noch heute an, wenn Sie diesen Austausch nicht verpassen möchten!